Olá, Fusca! – 70 Jahre VW do Brasil


Im Jahr 1953 lief der erste Käfer in Brasilien vom Band – der erste außerhalb von Deutschland gebaute Volkswagen. Zugleich begann damit vor 70 Jahren die automobile Demokratisierung Brasiliens. Ein Rückblick auf die Anfangsjahre von Volkswagen do Brasil.

Am Anfang stand der Käfer: Mit dem runden Volkswagen, dem werksintern als VW Typ 1 bezeichneten Modell, beginnt die automobile Erfolgsstory in Südamerika.  

Deren Prolog ist Anfang der 1950er-Jahre anzusiedeln, als sich Volkswagen um eine ausländische Produktionsstätte in Brasilien bemühte. Obwohl der dortige Automobilmarkt zu diesem Zeitpunkt noch klein war, hatte Brasilien mit dem größten Binnenmarkt aller lateinamerikanischen Staaten ein erhebliches wirtschaftliches Wachstumspotenzial. Um den VW Käfer in Brasilien montieren zu lassen, gründete die Volkswagen GmbH am 23. März 1953 ihre erste ausländische Produktionsgesellschaft, die Umitada GmbH in São Paulo.

Die Volkswagen wurden aus Deutschland als CKD-Bausatz (Completely Knocked Down) verschifft, die Montage der komplett in Einzelteile zerlegten Fahrzeuge erfolgte beim brasilianischen Auftragnehmer Brasmotor im Industrieviertel Ipiranga in São Paulo. Bereits am 1. Juli 1955 folgte die Gründung der brasilianischen Tochtergesellschaft Volkswagen do Brasil Sociedade Anonima (S.A./Aktiengesellschaft) und die Übernahme des Montagewerks. Die ersten jemals außerhalb Deutschlands gefertigten Volkswagen stammen somit aus São Paulo: In der Rua do Manifesto wurden zwischen 1953 und 1957 insgesamt 2.820 Volkswagen montiert; den Hauptanteil stellte der VW Käfer, der VW Typ 2 Transporter kam auf knapp ein Fünftel.

Wolfsburger aus Brasilien

Um die Produktion in die eigenen Hände zu nehmen und auch die Teile vor Ort zu fertigen, entschied der Vorstand in Wolfsburg alsbald, ein eigenes, vollwertiges Werk zu errichten. Die dichte Bebauung in São Paolo ließ eine Werksgründung dieser Größe jedoch nicht zu. Ein geeignetes Areal wurde schließlich im rund 20 Kilometer südlich gelegenen São Bernardo do Campo gefunden, die Grundsteinlegung erfolgte am 16. Juni 1956. An der Via Anchieta, der Autobahn zwischen São Paulo und Santos, entstanden auf einem Gelände von 229.807 Quadratmetern zunächst 10.200 Quadratmeter Fabrikfläche.

Das erste große Kapitel wurde hier am 2. September 1957 aufgeschlagen, als der erste brasilianische Volkswagen vom Band lief: ein VW T1 Bus, hier Kombi genannt, mit 50 Prozent national gefertigten Komponenten. Nur vier Jahre später lag der Anteil schon bei 95 Prozent – auch beim „Fusca“, wie der VW Käfer bald liebevoll in der Landessprache genannt wurde und seit 1959 in brasilianischer Serienproduktion. 

1959 schließlich erfolgte die offizielle Eröffnung: Am 18. November rollten Heinrich Nordhoff, der damalige Generaldirektor der Volkswagenwerk GmbH, und Juscelino Kubitschek, der seinerzeit amtierende brasilianische Präsident, in einem offenen Käfer Cabriolet über das Werksgelände in São Bernardo do Campo. Die Belegschaft stand Spalier an diesem besonderen Mittwoch – Volkswagen do Brasil war das erste Volkswagen Werk außerhalb Deutschlands. 

Volkswagen bringt Wohlstand

Innerhalb weniger Jahre avancierte VW do Brasil zum Marktführer auf dem brasilianischen Automarkt. Die Arbeit bei Volkswagen war für viele Brasilianer eine Chance für den sozialen Aufstieg: Auch ungelernte Arbeiter bekamen gute Löhne, gearbeitet wurde in einer modernen Produktionsstätte. Dazu kam ein umfangreiches Paket weiterer Sozialleistungen wie etwa die medizinische Versorgung durch Werksärzte und der Volkswagen eigene Freizeitclub. Eine eigens eingerichtete Volkswagen Buslinie brachte die Belegschaft zur Arbeit und zurück. In den Folgejahren entwickelte sich São Bernardo do Campo zum „Detroit Lateinamerikas“, denn auch andere ausländische Automobilhersteller siedelten sich hier an. 

Volkswagen entsandte einen gewaltigen Mitarbeiterstab nach Brasilien, um das für einen erfolgreichen Start der Fertigung notwendige Know-how vor Ort zu haben. Für die meisten der als erfahrene Vorarbeiter, im Management oder in der Verwaltung tätigen Deutschen glichen die Anfangsjahre in Brasilien einem Abenteuer. Kaum jemand hatte das Land zuvor bereist oder hier gelebt, auch Portugiesisch-Kenntnisse waren meist kaum vorhanden. Doch das Zusammenspiel des binationalen Teams funktionierte vom Start weg hervorragend. Und die Begeisterung der Brasilianer für Volkswagen wuchs beständig. Das lag insbesondere am VW Käfer, der auch weniger gut betuchten Kreisen einen erschwinglichen Einstieg in die Automobilität ermöglichte. 

Auf Erfolgskurs

Für den großen Erfolg war neben der effizienten Großserienproduktion vor allem eines entscheidend: die Produkte selbst. Der Fusca etwa war nicht nur erschwinglich, sondern auch zuverlässig, dabei familientauglich und komfortabel. Der luftgekühlte Motor und das robuste Fahrwerk waren wie gemacht für ein Land, in dem die Straßen außerhalb der Städte damals meist unbefestigte und oft holprige Pisten waren. Selbst die oft beklagte Schwäche des VW Käfer – seine Heizung – stellte im subtropischen Klima Südamerikas kein Problem dar. Der Fusca avancierte zum Bestseller – und war 23 Jahre lang das meistverkaufte Auto Brasiliens.

Auch der Kombi, der VW Bus, überzeugte die Kundschaft mit seiner praktischen und soliden Art. Als VW T2 wurde er in modifizierter Form in Brasilien noch bis 2013 gebaut.

VW regional: Modelle für den lateinamerikanischen Markt

Seit Anfang der 1970er-Jahre wurden auch Modelle nur für den lateinamerikanischen Markt entwickelt. Den VW Brasília entwarf Volkswagen do Brasil im Bestreben, ein geräumiges und luftiges Auto auf Basis der gleichen Technik wie der VW Käfer zu schaffen. Der modern gezeichnete Kompaktwagen debütierte 1973 – mit Heckmotor und auf Käfer-Plattform. Mit der Produktionseinstellung des VW Brasília im Jahr 1982 endete schließlich die Heckmotor-Ära in Brasilien.

Toooor! für Volkswagen: Zum absoluten Erfolgsmodell wurde der Kompaktwagen Gol – und nein, hinten fehlt kein „f“. Der VW Gol 1300, in seinem Format zwischen Polo und Golf angesiedelt, kam im Mai 1980 auf den Markt – speziell entwickelt für die Anforderungen in Lateinamerika. Aus technischer Sicht war der Gol eine echte Besonderheit. Obwohl völlig neu konzipiert, bestand er aus diversen Komponenten verschiedener Volkswagen und Audi Modelle: Bodengruppen-Elemente des Audi 80 B1 und B2 sowie diverse Teile aus VW Golf I und VW Polo I gingen eine teils doch sehr ungewöhnliche Liaison ein. Das betraf vor allem den Motor, denn in dem Fronttriebler arbeitete anfangs ausschließlich ein luftgekühlter 1300er-Boxermotor aus dem VW Käfer, hier allerdings in umgekehrter Einbaulage. Er war wahlweise für Alkoholbetrieb oder für Benzinbetrieb ausgelegt. Der VW Gol bewährte sich in verschiedenen Ausbaustufen und war von 1987 an 27 Jahre lang das meistverkaufte Auto Brasiliens. Die Modellreihe Gol verabschiedete sich erst 2022. 

Von Osnabrück nach São Paulo: Auch Karmann fand den Weg nach Brasilien und fertigte hier Volkswagen. 1960 gegründet, hatte Karmann-Ghia do Brasil ebenfalls vor den Toren von São Paulo eine Fertigungsstätte an der Via Anchieta. Das VW Karmann Ghia Typ 14 Coupé wurde hier von 1961 bis 1972 gebaut, von 1968 bis 1982 auch das Karmann Ghia Cabriolet, die sich in vielen Details von ihren deutschen Pendants unterschieden. Auf dem Autosalon São Paulo 1970 debütierte eine völlig neue Karosserievariante, der Typ TC 145. Auf der unveränderten Bodengruppe des kleinen VW Karmann Ghia und mit der 1600er-Maschine aus dem VW Typ 3 schufen die brasilianischen Konstrukteure ein modernes 2+2-sitziges Fließheckcoupé mit geglätteten Karosserieformen. Bis 1975 wurde der sportlich-elegante VW Karmann Ghia TC 145 in Brasilien gebaut. 

Brasilianischer Sportler: Bis heute begeistert auch der Volkswagen SP 2, ein ab 1972 gefertigtes rassiges Sportcoupé. Das Coupé mit Heckmotor stand auf der Bodengruppe des VW 1600 Typ 3, die sportliche, wohlproportionierte und selbsttragende Karosserie war ein vollkommen eigenständiger Entwurf von VW do Brasil unter Leitung von Márcio Piancastelli. Maßgeblicher Impulsgeber war der damalige Chef von Volkswagen do Brasil Rudolf Leiding. In enger Zusammenarbeit mit VW do Brasil wurde der Brasilianer mit dem Kürzel für São Paulo im Namen bis 1976 bei Karmann-Ghia do Brasil gefertigt. Ebenso wie der schnittige TC 145 war der SP 2 nur für den südamerikanischen Markt entwickelt und ging nie in den Export nach Europa.

Von Anfang an überzeugte Volkswagen die Brasilianer mit einfacher und zuverlässiger Technik, mit Komfort und Sicherheit. Und im Fall der Fälle ließen sich Reparaturen in der nächsten Werkstatt meist schnell durchführen. Käfer & Co besitzen in Brasilien bis heute eine riesige Volkswagen Fangemeinde – auf den Straßen sind viele Volkswagen Modelle zu sehen, die hierzulande rar geworden sind. 

Heute ist Volkswagen do Brasil mit über 25 Millionen produzierten Fahrzeugen der größte Automobilhersteller Brasiliens und mit über vier Millionen ausgelieferten Fahrzeugen der bedeutendste Exporteur. Volkswagen hat in Brasilien vier Werke und ein Vertriebszentrum für Ersatzteile sowie rund 500 Händlerbetriebe. – Mit dem Fusca zum Marktführer, eine echte Erfolgsgeschichte.

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Bildnachweis: Volkswagen AG

Vor 60 Jahren: Fußball-Legende Pelé zu Besuch im Volkswagen Werk Wolfsburg


Der 3. Juni 1961 ist für Volkswagen und viele Wolfsburger in die Geschichte eingegangen: Fußball-LegendePelé war zu Gast in der Stadt und im Werk Wolfsburg. Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums dieses besonderen Ereignisses hat Volkswagen das Archiv geöffnet und Bilder erschlossen, die bislang unveröffentlicht waren.

Vor 60 Jahren: Fußball-Legende Pelé zu Besuch im Volkswagen Werk

Faszination am Schnittmodell eines Käfers: Mitglieder der FC Santos-Delegation gehen ins Detail.

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Bildnachweis: Volkswagen AG

Stiftung Automuseum Wolfsburg eröffnet: „Käferland Brasilien. Eine Fotoausstellung von Micha Ende.“


 Wolfsburg, 9. Mai 2019. Am gestrigen Abend eröffnete der Fotograf und Journalist Micha Ende seine erste Ausstellung im AutoMuseum Volkswagen. „Käferland Brasilien.“ porträtiert rund 30 Käferbesitzer mit ihrem Fusca. Die Schau ist bis zum 19. Oktober 2019 zu besichtigen und feiert im AutoMuseum ihre Premiere. 

Die Gäste der Ausstellungseröffnung waren sehr beeindruckt von den Aufnahmen und Ausführungen Micha Endes.

Micha Ende lebt seit über 30 Jahren in seiner Wahlheimat Brasilien. Von Land und Leuten bis heute fasziniert ist er stets auf der Suche nach neuen Themen und Motiven. Selbst Käferbesitzer und –liebhaber folgte er der Spur des Käferkults in Brasilien.

Beach Boy und Käfernarr Anatólio in einem seiner aus Teilen von Fusca verschiedener Modelljahre zusammengebauten Käfer.

Er reiste durch das gesamte Land, um Käferbesitzer und ihren Fusca, wie das automobile Insekt in Brasilien genannt wird, zu porträtieren. Herausgekommen ist eine beeindruckende Fotoausstellung, deren Bilder die unterschiedlichsten Geschichten erzählen – und immer wieder geht es dabei um Auferweckung zu einem zweiten Käferleben. 

An der SP 068, der Verbindungsstraße zwischen Rio und Sao Paulo warten zahlreiche Käferwracks auf ihre Auferstehung.

Volkswagen fasste bereits 1953 in Brasilien Fuß: Mit der Produktion des Käfers, die bis 1986 lief. Er stand für den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes in den 1960er Jahren und gilt bis heute als zuverlässig und günstig im Unterhalt. Noch heute sind rund 500.000 der über drei Millionen gefertigten Fusca im Lande fahrtauglich. Und gerade jetzt erleben sie eine nie gekannte Renaissance. 

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Bildnachweis: Stiftung Automuseum Wolfsburg 

Der brasilianische Volkswagen SP-2


Vor vier Jahrzehnten, im Frühjahr 1971, wurde ein Fahrzeug präsentiert, das die damalige automobile Welt nicht von Volkswagen erwartet hätte: ein äußerst dynamisch gestaltetes Sportcoupé, niedrig auf der Straße kauernd, große Räder, lange Front, markante Doppelscheinwerfer. Sein Name: Volkswagen SP.

Große Räder, flache Karosserie: Der Volkswagen SP-2 hat die ideale Sportwagenfigur.

Zwar wurde er der Öffentlichkeit erstmalig in Deutschland vorgestellt, seine Wurzeln liegen aber viele tausend Kilometer entfernt in Brasilien. Dort übernahm 1968 Rudolf Leiding, zuvor Direktor des Volkswagen Werks in Kassel und Vorstandsvorsitzender von Audi NSU in Neckarsulm, die Leitung von Volkswagen do Brasil. Er hatte 1968 von Volkswagen Generaldirektor Heinrich Nordhoff den Auftrag erhalten, das südamerikanische Werk wieder auf die Erfolgsspur zu bringen – Leiding nahm diese Aufgabe unter der Bedingung an, für den Markt auch eigenständige Modelle realisieren zu können. Höchstpersönlich skizzierte Leiding demnach seine Idee eines zweisitzigen Sportcoupés, das er von einem jungen Team zur Serienreife bringen lassen wollte. Als Entwicklungspartner dienten zudem die Produktionsspezialisten von Karmann-Ghia do Brasil.

Die Vorgabe an die Entwickler war eindeutig: Unter Verwendung möglichst vieler Serienteile aus dem Baukasten der brasilianischen Modellpalette sollten die Kosten niedrig gehalten werden. Als technische Basis für das neue Sportcoupé diente der Volkswagen 1600, die brasilianische Version des Typ 3 mit eigenständiger Karosserie. Von ihm wurden das Fahrwerk mit vorderer Kurbellenkerachse und Pendelachse hinten sowie der Motor übernommen, die Stahlkarosserie hingegen war eine weitgehend eigenständige Entwicklung. Die markanten Doppel-scheinwerfer stammten ebenfalls vom 1600 – während sie dort die Front einer bürgerlichen Limousine zierten, wurden sie jetzt zum prägenden Designmerkmal.

Beeindruckende Front: Den Volkswagen SP-2 prägt ein markantes Doppelscheinwerfer-Gesicht.

Bei Fahrversuchen erwies sich der serienmäßige 1,6-Liter-Boxermotor aus dem Typ 3 mit 54 PS dem sportlichen Anspruch als nicht angemessen. Man beschloss, diese Motorisierung in einer etwas einfacher ausgestatteten Version als Volkswagen SP-1 anzubieten.
Um über ein stärkeres Aggregat zu verfügen, wurde der sogenannte Flachmotor auf 1.678 ccm aufgebohrt. Er leistete nun 65 PS bei 4600/min und ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 156 km/h.

SP steht für Sport. 2 für den zweiten Versuch.

Während man den SP-1 nur in sehr geringer Stückzahl baute, wurde der SP-2 von Juni 1972 bis Februar 1976 immerhin über 10.000 Mal gefertigt. Offiziell nie in Europa angeboten, kam ein Exemplar jedoch auf regulärem Weg nach Deutschland: Rudolf Leiding wurde bereits 1971 wieder zurück nach Wolfsburg gerufen, wo er als neuer Vorstandsvorsitzender die Modelle Passat und Golf auf den Weg brachte. Als Geschenk für seine Ehefrau orderte er nachträglich einen SP-2 nach Wolfsburg – ihr war das Sportcoupé jedoch im deutschen Straßenbild zu auffällig, sie verkaufte es nach kurzer Zeit.Heute befinden sich einige Volkswagen SP-2 auch in europäischer Sammlerhand. Dass Volkswagen in Brasilien noch über einen SP-3 nachdachte, der uns mit ca. 100 PS sportlich sicher überzeugen könnte, ist eine andere Geschichte.

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