Alte Autos auf der Straße und Italiener aus dem Häuschen? Die Mille Miglia kommt!– Ein Bericht direkt von der Strecke: Mittwoch, 15. Mai 2019, 14:30 Uhr: 430 historische Fahrzeuge – allesamt Legenden der Automobilgeschichte – verwandeln das norditalienische Brescia in ein Freiluftmuseum. Der typische Duft der Klassiker – nach Öl, Benzin und dem Leder der Sitze – liegt in der Luft. Beinahe endlos strömen Tausende von Zuschauern in das Herz der Stadt.

Eine Kunstflugstaffel donnert über die Szenerie und zeichnet die italienische Trikolore in den wolkenbedeckten Himmel.
12 Grad Celsius; das Frühjahr zeigt seine kalte Schulter. Auf der Piazza della Vittoria senkt sich die Startflagge zur diesjährigen Mille Miglia. Volkswagen schickt zwei Käfer ins Rennen: Beide, ein Brezel-Käfer von 1951 und ein 1956er Ovali, wurden nach historischem Vorbild aufgebaut. Der diamant-grüne Ovali-Käfer wurde bereits für seinen Einsatz 2011 und 2012 von Volkswagen Classic originalgetreu vorbereitet und leistet mit einem historischen Porsche-Motor im Heck ganze 55 kW (75 PS). Der zweite, ein resedagrüner Käfer, ist mit zeitgenössischen Porsche-Teilen modifiziert und 44 kW (60 PS) stark. Das Modell entspricht damit dem so genannten „Dapferle“, dem Wagen von Motorsport-Pionier Paul Ernst Strähle, der damit im Jahr 1954 sogar einen Klassensieg verbuchen konnte.

Mille Miglia, 1954: Der 26-jährige Paul Ernst Strähle und sein Copilot Viktor Spingler.
Sie wurden Dritte in der Klasse Sportwagen bis 1,5 Liter und gewannen die Klasse bis 1,3 Liter.
Volkswagen Käfer – „Maggiolino“, wie die Italiener sie liebevoll nennen – waren zumindest in den 1950er Jahren nicht zuletzt dank ihrer Zuverlässigkeit viel weiter vorn anzutreffen als von der stärker motorisierten Konkurrenz erwartet. Strähle, Sohn eines Volkswagen Händlers der ersten Stunde aus dem schwäbischen Schorndorf, überraschte damals mit seinem leistungsgestärkten „Dapferle“ und verbaute Teile des Porsche 356 in den 1948er Serienkäfer. Am Ende erzielte mit einem Sieg in der 1300-ccm-Klasse und der Drittplatzierung in der 1500 ccm-Klasse einen Überraschungserfolg.

Die Mille Miglia wurde erstmals im Jahr 1927 gestartet und galt bis zu ihrem vorläufigen Ende 1957 als eines der längsten und härtesten Rennen weltweit.
Über 1.000 Meilen (rund 1.600 Kilometer) verläuft die Strecke „des schönsten Rennens der Welt“ – wie es zu Recht häufig bezeichnet wird – durch einige der spektakulärsten Gegenden Italiens.

Schulfrei für die Mille Miglia: Umjubelte Stadtdurchfahrt.
Bereits kurz nach dem Start streift die Mille Miglia den Gardasee. Über die beiden zum UNESCO Weltkulturerbe zählenden Städte Mantua und Ferrara geht es an die Adriaküste, wo bei Cervia/Milano Marittima die erste Etappe endet. Der zweite Abschnitt führt das Starterfeld über die beiden Seebäder Cesenatico und Senigallia sowie an Assisi vorbei weiter gen Süden.

Die Zeiten im Blick – der Arbeitsplatz des Navigators.
Die besten Fahrer ihrer Epoche kämpften um Sieg und Ruhm. 1977 wurde die Mille Miglia zu neuem Leben erweckt. Seitdem entscheidet eine Vielzahl von – möglichst auf die Hundertstel Sekunde genau zu fahrenden – Wertungsprüfungen über Sieg und Niederlage.

„Bella macchina!“ – Pure Begeisterung kurz vor dem Start.
Die Teams durchfahren 28 Stempelstellen und werden an 16 Zeitkontrollen überwacht. Dennoch bedeuten die vier Tage auf italienischen Straßen keine Spazierfahrt, sondern ein Rennen, in dem auch zwischen den Prüfungen schnell und kompromisslos gefahren wird.

Konzernchef Herbert Diess neben dem Bugatti „Type 35“ und Stephan Winkelmann, Präsident der Bugatti Automobiles S.A.S., an der Seite eines Bugatti Chiron Sport. Der moderne Zweisitzer fährt außerhalb der Wertung mit.
Dieser Faszination kann sich auch Konzernchef Herbert Diess nicht entziehen. Anlässlich des 110-jährigen Jubiläums von Bugatti startet er in einem „Type 35“.

Der originalgetreue Zustand der Fahrzeuge aus den Jahren 1927 bis 1957 wird vor dem Start detailliert geprüft.
Arrivederci, Beetle!
Der Auftritt der zwei Käfer macht noch einmal erlebbar, was Millionen Menschen seit Jahrzehnten verbindet: die Leidenschaft für die „runden Volkswagen“. Im Sommer 2019 geht diese Ära zu Ende, wenn der letzte Beetle vom Band läuft. Über 70 Jahre nach Serienproduktionsstart des Käfers und nach den beiden Beetle Generationen heißt es in diesem Sommer Abschiednehmen.

Der Brezel-Käfer kurz vor dem Ziel des ersten Tages.
Damals wie heute sind die Käfer aus dem Norden Deutschlands echte Exoten unter den Sportwagen-Legenden der Marken Bugatti und Porsche, Ferrari oder Alfa Romeo sowie BMW und Mercedes. Die Herzen der Zuschauer fliegen ihnen daher ganz besonders zu.Jubelnde Tifosi feuern die Besatzungen an, während das Fahrerfeld mit mehr als Tempo 100 durch geschlossene Ortschaften braust. Damit niemand zu Schaden kommt, fährt die Polizia Stradale an gefährlichen Stellen Eskorte, regelt an einigen Kreuzungen und Kreiseln, die links wie rechts herum durchfahren werden, den Verkehr oder sperrt gleich ganze Straßenzüge.

Mit Gottes Segen: Avanti, Käfer!
Die Szenerie ist überall gleich: Kameras und Smartphones werden hochgehalten. Kinder haben schulfrei und winken in Klassenstärke. Betagte Pensionäre zollen den zahlreichen „bella macchina“ ihren Respekt und selbst die Polizisten treiben die Rennfahrer mit „Avanti!“-Rufen an.

Ankunft in Rom: Der Ovali-Käfer am Ende des zweiten Tages.
Dann kommen die sieben Hügel der Ewigen Stadt in Sicht. Hier in Rom endet die zweite Etappe und die beiden Käfer haben den südlichen Scheitelpunkt der Mille Miglia erreicht.
Bildnachweis: Volkswagen AG
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