Daniel Gossweiler sass rührend in seiner Tasse Kaffee, am Küchentisch an diesem frühen Abend im April 2002 und las die aktuelle Ausgabe der «Automobil Revue». Gerade als er den ersten Schluck heissen Kaffee trinken wollte, sprang ihm eine Kleinanzeige ins Auge. Noch mit angehobener Kaffeetasse, murmelte Daniel «1952 Volkswagen Käfer zu verkaufen» leise vor sich hin.
Doch zurück in die Küche zu Daniel. Er beschloss den Verkäufer sofort anzurufen, denn über all die Jahre seiner Sammeltätigkeit lernte er etwas ganz wichtiges, schnell zu reagieren – besonders bei so seltenen Angeboten, wie diesem 52er Brezel Käfer. Er erreichte Herrn Rufer, schon bei seinem ersten Versuch. Eine tiefe, freundliche Stimme begrüsste ihn am anderen Ende der Leitung und erzählte Daniel gleich die Geschichte des Autos und erläuterte dessen technischer Zustand. In dieser Nacht konnte Daniel kaum einschlafen, da sich all seine Gedanken unentwegt um Herrn Rufers Käfer drehten, welches genau das Auto war, dass er schon so lange suchte.
Daniel musste nicht lange warten, bis er den Käfer besichtigen konnte. Mit jedem zusätzlichen Kilometer, dem er sich Murten näherte, stieg seine Nervosität an. Nach dem klingen und einer kurz Begrüssung zwischen Tür und Angel, wurde Daniel nicht zum Auto geführt, sondern erstmals auf Kaffee und Kuchen hinein gebeten. Es wurde Daniel sehr rasch klar, dass Herr Rufer «seinen» Käfer nicht einfach verkaufen, sondern am Best möglichen Ort platzieren wollte. Nachdem er zahlreiche Geschichten und Anekdoten über den Käfer gehört hatte und mit Frau und Herr Rufer über Gott und die Welt geplaudert hatte, wurde Daniel immer neugieriger. Unzählige Kekse später war es nun endlich soweit. In der angebauten Doppelgarage stand ein aussergewöhnlich schönes Patina-Fahrzeug in unerwartet gutem Zustand. Unter dessen Haube schnurrte ein 30 PS Aggregat, wobei der originalen 24,5 PS Motor von Herrn Rufer gut konserviert im Keller gelagert wurde. Natürlich zusammen mit allen Belegen und anderen Teilen, die im Laufe der Zeit ausgetauscht worden waren, wie zum Beispiel die typischen Sickenzeiger und Heckleuchten. Sogar die Originalpolster haben die Zeit, unter den hausgemachten, senfgelben Schutzbezügen gut überstanden. Nachdem Daniel sein Interesse an dieser einzigartigen Schönheit bekundete, sich von Frau und Herrn Rufer verabschiedete und losfuhr, war ihm eins klar, hier ging es nicht um den Verkauf eines Autos, sondern um ein Teil ihres Lebens.
Herrn Rufer kaufte den Export Brezel als zweijährigen Gebrauchtwagen 1954, nach erfolgreichem Abschluss seines Elektroingenieur Studiums für 3’650 CHF. Dies und viele weitere Details zum Käfer belegen die diversen Quittung und Belege, welche Herr Rufer zwecks Dokumentation über die vergangenen Jahrzehnte gesammelt und aufbewahrt hat. Nebst all den technischen Details gibt es auch dutzende von Anekdoten, welche das Paar über all die Jahre mit ihrem Käfer erlebt hatten. Zum Beispiel verreiste das frisch vermählte Paar 1961 mit dem Brezel auf Ihrer Hochzeitsreise nach Malaga, Südspanien. In den 60iger Jahren gab es in Europa nicht viele Autobahnen und die Strassen von General Francos Spanien waren meist schmutzig und in schlechtem Zustand. Das Abenteuer dauerte 20 Tage, in denen das Brautpaar mit dem Käfer knapp 4’000 Kilometer zurücklegten. Auf dem Rückweg wurde dieser für die Strecke von Malaga nach Barcelona sogar auf ein Dampfschiff verladen. Auch während dieser Reise kümmerte sich Herr Rufer mit dem gleichen Pflichtbewusstsein um seinen Brezel, wie um dessen Dokumentationen. Er erledigte den Ölwechsel und Schmierplan alle 1’500 bis 3’000 Kilometer, genau wie es das Volkswagen-Handbuch vorgab. Unabhängig ob dies auf einem geteerten Hotelparkplatz, oder auf einer staubigen Strasse geschehen musste – hierzu sollte noch erwähnt sein, dass die Rufers von ihrem Käfer auch kein einziges Mal im Stich gelassen wurden.
Nach einer qualvollen Woche des Wartens, klingelte am frühen Montagabend im April 2002 endlich das Telefon. Herr Rufer gab Daniel den Zuschlag für den Kauf des Käfers. Aber nicht ohne in einem Nebensatz zu erwähnen, dass es noch einen anderen potenziellen Käufer gab, der sogar ein paar hundert Franken mehr geboten hätte. Aber seine Frau habe ihm empfohlen, den Käfer an Daniel zu verkaufen, da sie bei ihm ein gutes Bauchgefühl hätte. Als Daniel den Brezel abholte, hat sich auf Wunsch von Herrn Rufer, nebst seiner Frau auch seine Tochter eingefunden, um sich vom treuen Familien Gefährten zu verabschieden.
Während Daniel wegfuhr, sah er die winkende Familie langsam im Rückspiegel verschwinden und wusste, was der Verkauf für sie bedeuten musste. Aus diesem Grund trifft er Herrn Rufer jährlich an einem örtlichen Teilemarkt und fährt hin und wieder zu Besuch der Familie nach Murten. Diese weiss wohl auch Herr Rufer zu schätzen und drückt seine Dankbarkeit aus, indem er Daniel nach jedem Besuch ein weiteres Teil des alten Käfers übergibt. Frau Rufers Bauchgefühl von 2002 hat sich als richtig erwiesen und der Brezel ist nun ein aktiver Teil von Daniels Leben und ein treuer Freund der Familie Gossweiler – wer weiss, vielleicht wird später eines von Daniels Kinder ein weiteres Kapitel in der Geschichte des Brezels aufschlagen.
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